Immer weniger zur Verfügung stehende Wirkstoffe, Anwendungsbeschränkungen und erhöhte Kosten erfordern neue Ansätze im Pflanzenschutz. Die dafür entsprechende Technik ist für die Landwirte bereits verfügbar.
Nachhaltigkeit ist das neue Modewort. Auch die Landtechnikhersteller setzen vermehrt darauf. John Deere etwa veranstaltete vergangenes Jahr den „Sustainability Day“: Dort zeigte das Unternehmen erstmals live am Acker, wie sich die Produktion von Feldfrüchten mit modernen, innovativen Technologien steigern lässt, die Umwelt geschont und letztlich der Spritzmitteleinsatz reduziert werden kann.
Mechanischer Pflanzenschutz
Zu sehen gab es etwa eine Monosem-Hacke. Sie soll zusammen mit der traktorintegrierten Anbaugeräte-Lenkung „AutoTrac Implement Guidance“ und dem Lenksystem „AutoPath“ Arbeitsgeschwindigkeiten von bis zu 16 km/h ermöglichen, ohne dabei die Pflanzenreihen zu beschädigen. Damit das gelingt, braucht es neben entsprechender Technik auch präzise Vorarbeiten. Der Landwirt muss bei der Aussaat oder beim „StripTill“-Verfahren die Saatreihen per GPS-Receiver auf dem Traktor und Anbaugerät aufnehmen. Beim Bodenbearbeiten werden die Spurführungsdaten dann für die Steuerung der Hackmaschine genutzt, auf welcher sich zur Steigerung der Genauigkeit ein zusätzlicher GPS-Empfänger befindet. Die Seitenverschiebung des Hackgerätes erfolgt über ein traktorseitiges elektrohydraulisches Steuergerät. Die Lenkung steuert nicht nur in geraden Reihen, sondern auch im Seitenhang und bei Kurvenfahrt automatisch nach. Korrekturen und Querverschiebungen der Schare von bis zu 24 cm in beide Richtungen sind laut Firmenangaben möglich.
Diese neue Technik von John Deere ist nur eine von mehreren interessanten Lösungen zur mechanischen Unkrautbekämpfung. Sie zeigt aber gut, wie diese durch hohe Flächenleistungen zu einer echten Alternative oder Ergänzung zum chemischen Pflanzenschutz werden kann. Zur Führung der Bodengeräte werden neben hochpräzisen (RTK-)GPS-Systemen zunehmend auch Sensoren, allen voran Kameras, eingesetzt. Diese liefern Bilder für die manuelle Steuerung der Anbaugeräte in der Traktorkabine und können im Zusammenspiel mit entsprechender Soft- und Hardware die Werkzeuge automatisch steuern.
Ein Beispiel für gelungene Automatisation ist auch der als „Farm Machine 2022“ ausgezeichnete „IC-Weeder AI“ (Artifical Intelligence) von Steketee. Bei der Zwischenreihen-Hacke sind die Kameras abgedeckt, damit eine Schattenbildung durch natürliches Sonnenlicht vermieden wird. Stattdessen wird das Sichtfeld mit Leuchtdioden (LEDs) ausgeleuchtet, um qualitativ hochwertige Bilder zu erhalten. Aus dem Kamerabild, der Pflanzengröße und der erwarteten Pflanzenposition wird die tatsächliche Pflanzenposition ermittelt. Daraufhin wird ein entsprechendes Lenksignal sowohl an den Parallel-Lenkrahmen übertragen, um den Reihen korrekt zu folgen, als auch an die aktiven Hackmesser, die das Beikraut innerhalb der Reihe entfernen.
Kombinierte Verfahren
Wie auch im DLG-Merkblatt „Mechanische Unkrautregulierung – Technik für die Praxis“ nachzulesen ist, wird der Regulierungserfolg mechanischer Verfahren unabhängig von der Gerätetechnik – ob Striegel oder Hacke, mit oder ohne Kamerasteuerung – vor allem von den jeweiligen Entwicklungsstadien der Unkraut- und Kulturpflanzen sowie entscheidend von den gegebenen Boden- und Witterungsbedingungen bestimmt. Die Anzahl der erforderlichen Überfahrten variiert daher entsprechend. Die alleinige mechanische Unkrautregulierung bleibt so eine besondere Herausforderung, da oft nicht die Wirkungsgrade des chemischen Pflanzenschutzes erreicht werden.
Sinnvoll kann auch eine Kombination von mechanischem und chemischem Pflanzenschutz sein. Die Firma Einböck etwa bietet seit Kurzem den „Jumbo-Stream“-Fronttank an. Zusammen mit den „Chopstar“-Hackgeräten soll er eine effiziente mechanische Unkrautbekämpfung, sowie gleichzeitiges Bandspritzen (oder Düngen) ermöglichen. Der Fronttank verfügt über eine eigene hydraulische Pumpe, Druckregler, Reinwasserbehälter, Reinigungssystem, integrierte Elektronik und Einzeldüsenschaltung. Die Bedienung erfolgt über Isobus, wobei mittels optionaler Section-Control bis zu 18 Reihen automatisch angesteuert werden können.
Chemischer Pflanzenschutz
Beim chemischen Pflanzenschutz gibt es wie bei der Düngung einen Trend weg von einer großflächigen Einheitsbehandlung. Stattdessen werden die Maßnahmen genauer auf Teilflächen oder gar auf die Einzelpflanze heruntergebrochen. Anhand von Drohnen- oder Satellitenaufnahmen kann etwa die Bestandsdichte und damit der Krankheitsdruck ermittelt werden. Daraus lassen sich notwendige Fungizid-Maßnahmen ableiten. Basierend auf Applikationskarten werden nur die Teilbereiche gespritzt, wo es wirklich nötig ist. Möglich ist auch die Detektion der zu behandelnden Pflanze und der nicht zu behandelnden Flächen über Sensoren und intelligente Software während der Überfahrt mit der Spritze.
Flexibiltät beim Ausbringen von mehreren verschiedenen Pflanzenschutzprodukten bietet das mehrfach ausgezeichnete System „DirectInject“ von Amazone, eine Technologie zur Direkteinspeisung von Pflanzenschutzmitteln. Sie können damit bedarfsgerecht eingespeist oder ausge-spart werden. Die Besonderheit gegenüber konventionellen Systemen liegt in einer schnellen Reaktionszeit des Einspeisevorgangs und der kompletten Einbindung in den Spritzflüssigkeitskreislauf und Bedienung der Feldspritze. Damit kann auf der Fläche individuell auf die Bedürfnisse der Kulturpflanze reagiert werden. Pflanzenschutzmittel und zusätzliche Überfahrten mit der Feldspritze sind so einsparbar.
Da DirectInject unverdünnte Pflanzenschutzmittel in der zweiten Spritzleitung verwendet, können nach der Applikation noch nicht zur Vormischung verwendete Mengen in das Originalgebinde des Produkts zurückgeführt werden. Wie eine Einzelpflanzenbehandlung aussehen kann, zeigt etwa die ausgezeichnete Anbaufeldspritze „Ara“ von Ecorobotix. Ausgezeichnet mit dem „SIMA Innovation Award“ in Gold wird sie als derzeit präziseste Feldspritze am Markt beworben, mit einer Genauigkeit von 6 × 6 cm. Bei einer Arbeitsbreite von 6 Metern sowie einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 7 km/h erreicht man damit eine Flächenleistung von 4 ha/h. Ein hochauflösendes Kamerasystem nimmt dabei während der Fahrt Bilder der Anbaufläche auf. Diese werden mittels integriertem Algorithmus ausgewertet, der die jeweiligen Gewächse in Nutz- und Schadpflanzen unterscheiden kann, um eine gezielte Applikation zu möglichen.
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