Tirol ist nicht als typisches Weinbaugebiet bekannt. Dabei hat der Weinbau in Nordtirol eine lange Tradition. Bereits vor gut 1.000 Jahren wurden günstige Lagen und geschützte Hänge für den Weinbau genützt, die erste urkundliche Erwähnung findet sich um das Jahr 965. In der „kleinen Eiszeit“ ab dem 15. bis ins 19. Jahrhundert wurden die Weingärten nach und nach aufgelassen. Seit einigen Jahren werden wieder neue Reben ausgepflanzt.
Die derzeitige Klimaerwärmung wirkt immerhin positiv auf den Weinbau in Tirol. Ambitionierte Neo-Winzer verschreiben sich wieder der Produktion eines vor allem regional begehrten Produktes, das auch keinen Vergleich mit anderen Weinbauregionen zu scheuen braucht. Günstige Gebiete für den Weinanbau finden sich neben einigen Ortschaften bei Innsbruck vor allem im sonnigen Oberinntal, konkret in Imst, Tarrenz, Roppen, Haiming und auch am Oberen Gericht.
Im Ortskern von Tarrenz, mitten im Gurgltal, liegt der Weinhof Tangl. Als Tiroler Weinbaupionier baute Helmut Tangl mit seiner Frau Anneliese einen Getränkefachhandel auf und eignete sich dabei auch ein umfassendes Wissen über Wein an. Nach seiner Pensionierung 2004 war für ihn der nächste Schritt, das erworbene Wissen für die eigene Weinerzeugung zu nutzen. Ein Jahr später wurde mit der Auspflanzung von Rebstöcken der Grundstein für den Weinhof gelegt.
„Wir haben damals bei null angefangen und vor allem den Weinbauern in Südtirol über die Schulter geschaut. Ein- bis zweimal im Monat haben wir im Vinschgau auch an Kursen teilgenommen. Da meine Eltern aber immer schon ein bisschen gegen den Strom geschwommen sind, haben wir uns entgegen der Empfehlung der Südtiroler nicht für die Rebsorte Zweigelt, sondern für Pinot Noir entschieden“, erinnert sich Sohn Edgar Tangl zurück, der den Hof heute mit seiner Frau Barbara und Mutter Anneliese bewirtschaftet. Dazu wurden auch noch spezielle Kellereiseminare besucht, denn man wollte nicht nur Trauben ernten, sondern diese auch vinifizieren. „Nachdem dann 2009 die ersten Trauben gekeltert wurden, haben wir gesehen, dass es funktioniert“, so Tangl.
Qualität entsteht im Weingarten
Bei der Lese im Oktober gibt es Verstärkung aus der Nachbarschaft. Bis zu 15 Leute helfen bei der Ernte mit. „Das ist für diese immer ein Erlebnis und ein Zusammenkommen. Es ist zwar eine harte, aber auch schöne Arbeit, bei der man viel in Kontakt mit anderen Menschen kommt. Der Wein bringt eben die Leut z’amm“, sagt Edgar. Am Ende des Winzerjahres muss dann jeder Schritt stimmen, hängt daran doch die Arbeit eines ganzen Jahres. „Die Qualität entsteht im Weingarten, nur so kommt gesundes Material in den Keller“, lautet die Philosophie des Winzers.
Der Barrique-Keller unter dem alten Bienenhaus des Weinhofs besteht bereits seit vor dem Zweiten Weltkrieg. Dort findet man das ganze Jahr hindurch ein konstantes Raumklima und Luftfeuchtigkeit – ideale Bedingungen zur Lagerung und Reife des Pinot Noir „Kaiser Maximilian“, der ein gutes Jahr in den französischen Barrique-Fässern reift. Trotzdem wird nichts dem Zufall überlassen. Tangl: „Wir wollen bei unseren Weinen eine Sortentypizität erreichen, die man blind erkennt. Dafür müssen wir die hohe Qualität über die Jahre hinweg konstant halten. Moderne Kellertechnik ermöglicht hier eine genaue Steuerung.“
Rege Nachfrage auch nach Sekt
Im Sortiment führt der Weinhof Tangl „Kaiser Max“ (Pinot Noir), „Prälat“ (Sauvignon Blanc), „Hausanger“ (Müller Thurgau) und den ersten Tiroler Winzersekt „First Tyrol“. Der Hauptabsatz für diese entfällt auf die hiesige Hotellerie und Gastronomie. Dazu der überzeugte Burgunder- winzer: „Im Tiroler Oberland ist unser regionaler Weinbau bereits relativ gut etabliert. Im Unterland müssen wir noch Pionierarbeit leisten und mit unseren Weinen unters Volk gehen.“
Zu seinen Abnehmern zählt Edgar Tangl auch einige Vinotheken in Innsbruck, allerdings keine Handelsketten. „Da hat man das Produkt nicht mehr in der Hand und kann bei eventuell falscher Lagerung nicht mehr für die Qualität garantieren.“ Der restliche Vertrieb erfolgt über Ab-Hof-Verkauf und den eigenen Webshop. Als Direktvermarkter ist dem Landwirt und Winzer die einheitliche Etikettierung mit Wiedererkennungswert seiner Produkte besonders wichtig. Und die Hingabe der Familie Tangl macht sich bezahlt: Bereits zum zweiten Mal in Folge wurde bei der Tiroler Weinprämierung mit dem Pinot Noir „Kaiser Max“ der Landessieg in der Kategorie Rotwein errungen.
Fotos: Weinhof Tangl