Österreichs Obstbau hat im Laufe der Jahre eine bemerkenswerte Expertise entwickelt, die sowohl in der Tradition als auch im Einsatz modernster Technologien verwurzelt ist. Denn für Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten spielt frisches Obst – Äpfel, Birnen das ganz Jahr über sowie saisonal Kirschen, Marillen oder Erdbeeren – eine bedeutende Rolle in der täglichen Ernährung.
Laut RollAMA-Motivanalyse der AMA-Marketing-Gesellschaft essen zwei Drittel der Österreicher täglich Obst (und Gemüse). Die Ausgaben der Haushalte für Frischobst beliefen sich 2022 immerhin auf durchschnittlich 17,2 Euro pro Monat.
Diversifizierter Anbau
Der Obstbau in Österreich ist natürlich nicht auf eine einzige Frucht beschränkt, wenngleich der Apfelanbau zweifellos eine dominante Position einnimmt und speziell steirische Äpfel weit über die Grenzen hinaus für ihre Qualität bekannt sind. Zuletzt wurden in der Saison 2021/22 rund 241.000 Tonnen Äpfel erzeugt, gefolgt von Birnen mit knapp 53.000 Tonnen.
Auch wachsen in Österreich hochwertige Kirschen. Ihre ertragsfähige Fläche, sprich Erwerbsanbau, beträgt rund 265 Hektar. Der Anbau dieses Steinobstes erfolgt hauptsächlich in Niederösterreich, im Burgenland, in der Steiermark und in Oberösterreich. Kultiviert werden verschiedene Sorten, darunter Süßkirschen. Zu den beliebten Sorten gehören „Burlat“, „Van“ und „Kordia“. Ebenfalls beliebt sind Sauerkirschen wie „Schattenmorelle“ und „Köröser Weichsel“. Sauerkirschen eignen sich unter anderem für die Herstellung von Kirschsaft oder ‑marmelade. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt hierzulande bei 1,6 Kilogramm, bei einem Selbstversorgungsgrad von rund 61 Prozent.
An regionalen, erntefrischen Freiland-Erdbeeren erfreut sich die große Zahl an Abnehmern bereits jedes Jahr Ende Mai. Die größten Anbauflächen für Erdbeeren befinden sich in Niederösterreich (513 ha), Oberösterreich (320 ha) und der Steiermark (180 ha). Österreichweit betrug die Anbaufläche der auch “Ananas” genannten Früchte 2022 genau 1.221 Hektar, auf denen 16.930 Tonnen Erdbeeren produziert wurden. Die heimische Produktion zeichnet sich unter anderem durch eine hohe Wasserqualität und sparsame Beregnungstechniken aus. Laut RollAMA wurden im Vorjahr im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel Erdbeeren im Wert von 62,4 Millionen Euro verkauft (+5 % gegenüber 2021). Die abgesetzte Menge lag bei rund 10.700 Tonnen (-7,9 %).
Neben Erdbeeren und Kirschen zählen Marillen zum ersten heimischen Obst in jeder Saison. Die säuerlich-süßen Steinfrüchte haben einen hohen Wassergehalt und ein kurzes Erntefenster. Marillenbäume gedeihen hauptsächlich in den sonnigen Regionen des Landes, insbesondere in der Wachau, im Burgenland und in der Steiermark. Die Ernte findet zwischen Juni und August statt. Laut Flächenauswertung der AMA wurden Marillen heuer auf 845 Hektar angebaut.
Leider fielen gerade die Marillen in den vergangenen Jahren immer wieder Spätfrösten zum Opfer. Ausländische Ware kann die Inlandsproduktion mit hohen Qualitäten aber nur teilweise ersetzen. Neben dem direkten Verzehr ist die Marille ein wichtiger Bestandteil der regionalen Küche und daher eine beliebte Zutat in süßen Knödeln, aber auch in Kuchen, Torten, Marmeladen und Schnäpsen.
Qualitätssicherung
Die hohe Qualität des österreichischen Obstes wird übrigens durch mehrere Mechanismen sichergestellt: Neben den hohen Ansprüchen, die der Lebensmittelhandel und die Konsumenten an heimische Früchte stellen, hat die EU mehreren Produkten, wie etwa der „Wachauer Marille“, die „geschützte Ursprungsbezeichnung“ verliehen. Dies gewährleistet, dass diese (und Produkte daraus) auch tatsächlich aus dieser Region stammen und bestimmte Qualitätsstandards erfüllen.
Technologische Integration
Längst hat aber auch die Digitalisierung den heimischen Obstbau erreicht: Mit Apps für die Ernteprognose in Obstplantagen oder selbstfahrenden Traktoren bis hin zu präzisen Bewässerungssystemen, die den Verbrauch des wertvollen Wassers minimieren. Die Integration all dieser neuen Technologien gilt als ein Schlüssel für den erfolgreichen Anbau von Obst im 21. Jahrhundert. Auf Tagungen und Messen werden laufend Neuerungen präsentiert, die von den Obstbäuerinnen und ‑bauern besucht werden, um auf dem neusten Stand der Technik zu bleiben. Diese technologischen Fortschritte ermöglichen es ihnen, ihre natürlichen Ressourcen effizienter zu nutzen und gleichzeitig höhere Erträge und Qualitäten zu erzielen.
Information und Vernetzung
Eine zentrale Säule im rot-weiß-roten Obstbausektor ist der Bundesobstbauverband (BOV). Der Verein, der im Jahr 1965 als Dachorganisation der Landesobstbauverbände gegründet wurde und seinen Sitz in Wien hat, bündelt die Interessen des österreichischen Obstbaus. Der BOV vertritt die Produzenten auf nationaler und europäischer Ebene. Die Obleute des Verbandes setzen sich nicht nur für politische Anliegen ein, sondern bieten ihren Mitgliedern auch eine Plattform für Information und Vernetzung. Gerade in einem sich verändernden Sektor sind aktuelle Informationen entscheidend. Auch Fachzeitschriften spielen hierbei eine wichtige Rolle, indem sie Obstbauern über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, Marktanalysen, Technologietrends und „Best Practice“-Beispiele informieren. Diese Zeitschriften sind somit unerlässliche Ressourcen für die ständige Weiterbildung und Anpassung an aktuelle Gegebenheiten.
Nachhaltigkeit als Kernprinzip
Ein wachsendes Bewusstsein für ökologische Nachhaltigkeit hat viele Obsterzeuger dazu veranlasst, die hohen Standards des Integrierten Pflanzenschutzes oder sogar biologische Anbaumethoden in ihren Betrieben anzuwenden. Der verantwortungsvolle Umgang im Pflanzenschutz und die Einführung nachhaltiger Anbaumethoden gewährleisten nicht nur beste Qualität der Früchte, sie tragen auch dazu bei, die Biodiversität der Regionen zu erhalten.
Fazit: Der österreichische Obstbau ist ein Paradebeispiel für den erfolgreichen Spagat zwischen der Wahrung traditioneller Qualitäten und der Integration modernster Technologien und Praktiken. Die Obstbranche, welche sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht von zentraler Bedeutung ist, verspricht weiterhin, Obst von höchster Qualität und Geschmack für den heimischen und internationalen Markt zu liefern.
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