Christine Lintner, Bäuerin aus Leidenschaft.

„Ich träumte von London, Paris oder Madrid“

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„Gera­de ein­mal drei Kilo­me­ter Luft­li­nie vom elter­li­chen Hof ent­fernt bin ich gelan­det.“ Chris­ti­ne Lint­ner lacht herz­lich, als sie vom Ergeb­nis ihrer gro­ßen Plä­ne als Jugend­li­che erzählt. „Ich woll­te immer ins Aus­land, träum­te von Lon­don, Paris, Madrid“, schil­dert die Kuf­stei­ner Bezirks­bäue­rin im Por­t­rait. „Bäue­rin zu wer­den gehör­te damals nicht unbe­dingt zu mei­nen Absich­ten.“

Als Absol­ven­tin einer Tou­ris­mus­schu­le inklu­si­ve Fremd­spra­chen hät­te sie auch das nöti­ge Rüst­zeug dafür gehabt. Doch ihre Eltern fan­den, dass sie mit dem „In die Fer­ne zie­hen“ zumin­dest bis zum 18. Geburts­tag war­ten sol­le. Und davor sei sie ihrem heu­ti­gen Mann begeg­net. „Er war eben der Rich­ti­ge“, schmun­zelt die leb­haf­te Tiro­le­rin und wirkt dabei sehr zufrie­den. „Ich blieb also da und habe spä­ter eine haus­wirt­schaft­li­che Aus­bil­dung nach­ge­macht.“

Ihr Zuhau­se mit den cha­rak­te­ris­ti­schen gera­ni­en­ge­schmück­ten Holz­bal­ko­nen steht in Kirch­bichl-Obern­dorf im Bezirk Kuf­stein, Chris­ti­ne Lint­ners Mann hat den Hof vor über 20 Jah­ren über­nom­men. „Wir sind hier im unte­ren Inn­tal in einer recht begüns­tig­ten Lage und haben bis auf weni­ge Aus­nah­men alle Flä­chen arron­diert“, so die 45-Jäh­ri­ge. Es ist ein Bio-Betrieb im Zuer­werb. „Mein Mann arbei­tet beim Maschi­nen­ring in der Grün­raum­pfle­ge“, erklärt sie. „Unser betrieb­li­ches Haupt­stand­bein ist die Milch­wirt­schaft.“ 15 Kühe ste­hen der­zeit im Stall, die Nach­zucht ist aus­ge­la­gert. Zusätz­lich betrei­ben die Lint­ners etwas Forst­wirt­schaft und ver­mie­ten seit fast 18 Jah­ren Zim­mer an Zeit­ar­bei­ter.

Probieren und verändern

„Zu Letz­te­rem haben wir uns nach eini­gen Jah­ren der Urlaubs­zim­mer­ver­mie­tung ent­schlos­sen“, berich­tet die Bäue­rin. „Es hat sich her­aus­ge­stellt, dass das bes­ser zu unse­rem Tages­ab­lauf passt.“ Die­ser Gestal­tungs­spiel­raum sei im Übri­gen einer der gro­ßen Vor­tei­le ihres Berufs. „Man kann Din­ge aus­pro­bie­ren und auch wie­der ver­än­dern, wenn man will.“ Ihre Arbeit habe sie immer gut mit der Fami­lie ver­ein­ba­ren kön­nen und dar­über hin­aus schät­ze sie die Mög­lich­keit der Selbst­ver­sor­gung. „Wir haben eine Streu­obst­wie­se mit vie­len Obst­bäu­men, einen klei­nen Kar­tof­fel­acker, Hüh­ner und einen üppi­gen Gemü­se­gar­ten.“

„Wenn man als junge Frau einheiratet, hat man es oft nicht leicht. Die Eltern meines Mannes waren viel älter als meine eigenen, da gab es natürlich anfangs Reibungspunkte.“ Christine Lintner

Grö­ße­re Betriebs­ent­schei­dun­gen trifft das Ehe­paar von jeher gemein­sam. „Inzwi­schen bezie­hen wir auch schon unse­ren ältes­ten Sohn mit ein“, ergänzt Chris­ti­ne Lint­ner. Georg (23) ist Land­ma­schi­nen­tech­ni­ker und wird ein­mal den Hof über­neh­men. Johan­nes (21) stu­diert Che­mie in Inns­bruck und Kath­rin (16) hat eine künst­le­ri­sche Ader und lernt an der Fach­schu­le für Kunst­hand­werk in Elb­i­gen­alp Male­rei, Ver­gol­den und Schrift­de­sign. Heu­te leben nur mehr zwei Gene­ra­tio­nen am Hof, doch als die Kin­der klein waren, haben die mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen Schwie­ger­el­tern sie sehr unter­stützt, erin­nert sich Chris­ti­ne Lint­ner. „Wenn man als jun­ge Frau ein­hei­ra­tet, hat man es oft nicht leicht. Die Eltern mei­nes Man­nes waren viel älter als mei­ne eige­nen, da gab es natür­lich anfangs Rei­bungs­punk­te“, resü­miert sie. „Rück­bli­ckend den­ke ich, wir hät­ten uns bestimmt vie­les ein­fa­cher machen kön­nen, denn im End­ef­fekt hilft jeder jedem. Und wenn sie es zulas­sen, kön­nen Jung und Alt viel von­ein­an­der ler­nen. Anschei­nend muss man aber erst ein biss­chen älter wer­den, bis man das begreift.“

Foto: Wirl­pho­to

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