Ein Thema der Serie ist auch die hohe Selbstmordrate unter Bauern in der Schweiz.

Neumatt

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Eine Bau­ern­hof-Serie auf Net­flix sorgt inter­na­tio­nal für Auf­merk­sam­keit. Bei dem moder­nen Bau­ern­dra­ma geht es um die Zukunft eines Schwei­zer Hofes. Prä­di­kat: Abso­lut sehens­wert.

Fes­seln­de Seri­en müs­sen nicht immer aus den USA sein: Die Erfolgs­se­rie Neu­matt ist die ers­te Serie aus der Schweiz, die auf dem Strea­ming­dienst Net­flix zu sehen ist. Die Pro­duk­ti­on aus dem Jahr 2021 ist damit in 190 Län­dern und in 30 ver­schie­de­nen Spra­chen ver­füg­bar und hat bis­her zu Recht vie­le Zuschau­er begeis­tert. In Öster­reich ist die ers­te Staf­fel seit Mai abruf­bar. Die zwei­te Staf­fel wird im Früh­jahr 2023 erwar­tet.

Das mehr­tei­li­ge Dra­ma wur­de im Auf­trag des SRF von Zodiac Pic­tures, unter der krea­ti­ven Lei­tung von Mari­an­ne Wendt, einer deut­schen Dra­ma­tur­gin und Regis­seu­rin, pro­du­ziert. Regis­seu­rin Petra Vol­pe aus der Eid­ge­nos­sen­schaft gab den Impuls, die hohe Selbst­mord­ra­te unter den Land­wir­ten im benach­bar­ten Alpen­land the­ma­tisch auf­zu­grei­fen. Die bei­den Schwei­zer Regis­seu­re Sabi­ne Boss und Pierre Mon­nard füh­ren die Regie. Der Haupt­dar­stel­ler Juli­an Koech­lin und Groß­mutter Mar­lise Fischer erhiel­ten für ihre schau­spie­le­ri­sche Leis­tung in der ers­ten Staf­fel bereits Aus­zeich­nun­gen als „bes­ter Haupt­dar­stel­ler“ und „bes­te Neben­dar­stel­le­rin“ des Swiss­per­form-Prei­ses.

Wäh­rend er in der Stadt sei­ne Her­kunft ver­heim­licht, wis­sen die wenigs­ten in sei­nem Hei­mat­dorf, dass Michi homo­se­xu­ell ist.

Zwischen Stadt und Land

Im Zen­trum der Hand­lung steht Michi Wyss (Juli­an Koech­lin), der auf eine erfolg­rei­che Kar­rie­re als Unter­neh­mens­be­ra­ter in Zürich zurück­bli­cken kann. Der jun­ge Mann, der Män­ner liebt, scheint im Stadt­le­ben und dem stres­si­gen Berufs­all­tag auf­zu­ge­hen und hält sei­ne Her­kunft als Bau­ern­sohn bewusst unter Ver­schluss. Durch den tra­gi­schen Sui­zid sei­nes Vaters ist er gezwun­gen, auf den elter­li­chen Bau­ern­hof in sein Hei­mat­dorf zurück­zu­keh­ren.

Nach dem Able­ben des Vaters und einer Ein­sicht in die roten Zah­len des Hofes wird schnell klar: Die Umstän­de des „Neu­matt“- Milch­be­triebs sehen nicht beson­ders rosig aus. Michi muss zusam­men mit dem Rest der Fami­lie, sei­nen bei­den Geschwis­tern Lorenz und Sarah, der Mut­ter Katha­ri­na und Groß­mutter Tru­di ent­schei­den, wie die Zukunft des ver­schul­de­ten Hofs aus­se­hen soll. Als Unter­neh­mens­be­ra­ter, der sich in das Leben in der Groß­stadt geflüch­tet hat, pral­len nun die bei­den Wel­ten auf­ein­an­der, die er mit Absicht getrennt hält. Wäh­rend er in der Stadt sei­ne Her­kunft ver­heim­licht, wis­sen die wenigs­ten in sei­nem Hei­mat­dorf, dass Michi homo­se­xu­ell ist.

Konflikt um Erbschaft

Wie das bei grö­ße­ren Fami­li­en oft so ist, ent­wi­ckelt sich als­bald ein schein­bar unüber­wind­ba­rer Inter­es­sens­kon­flikt rund um das finan­zi­ell gebeu­tel­te Erbe. Die güns­ti­ge geo­gra­fi­sche Lage des Hofes lockt Inves­to­ren, denen jedoch eine ganz ande­re Nut­zung des Grun­des vor­schwebt. Mut­ter und Groß­mutter fürch­ten um ihren lebens­lan­gen und tra­di­ti­ons­rei­chen Wohn­raum, die Schwes­ter Sarah ist aus per­sön­li­chen Grün­den auf schnel­les Geld aus. Nach lan­gem hin und her beschließt Michi sei­nem klei­nen Bru­der Lorenz unter die Arme zu grei­fen um den Hof finan­zi­ell wie­der auf die Bei­ne zu stel­len.

Wie den Hof der eige­nen Fami­lie finan­zi­ell ret­ten? Der Finanz­be­ra­ter Michi muss es her­aus­fin­den.

Nun ist sein Unter­neh­mer­geist gefragt und stellt ihn aber gleich­zei­tig vor nicht kal­ku­lier­ba­re Her­aus­for­de­run­gen. Selbst ein aus­ge­klü­gel­ter Zah­len­fa­na­ti­ker wie Michi wird von den Bedin­gun­gen, die eine moder­ne, glo­ba­li­sier­te Land­wirt­schaft abver­lan­gen, förm­lich über­rollt. Er gerät zuneh­mend unter Druck, sei­ne Auf­ga­ben­ge­bie­te in der Stadt und in der Hei­mat zufrie­den­stel­lend zu erfül­len.

Brennpunkt Milchproduktion

Zeit­gleich ist Michi näm­lich als Bera­ter einer der größ­ten Schwei­zer Mol­ke­rei­en, die eben­falls kurz vor der Insol­venz steht, tätig. Das ver­meint­li­che Stadt-Land-Gefäl­le beginnt sich im Lau­fe der Hand­lung immer wei­ter auf­zu­lö­sen. Michi wird dabei immer mehr zum Ver­mitt­ler, auch wenn das fast zu einem Bau­ern­auf­stand im Hei­mat­dorf führt. Die Fra­ge ob es in Wirk­lich­keit nicht mehr Gemein­sam­kei­ten als Unter­schie­de gibt, bleibt offen.

Der Haupt­dar­stel­ler Juli­an Koech­lin wur­de für sei­ne Leis­tung aus­ge­zeich­net.

Neu­matt ist die Geschich­te einer Fami­lie zwi­schen Stadt und Land, die um das Über­le­ben ihres Hofes kämpft. Dabei eröff­net sich ein rea­li­täts­na­her Ein­blick in die kom­ple­xen Her­aus­for­de­run­gen einer glo­ba­li­sier­ten Land­wirt­schaft. Die Serie ver­zich­tet auf über­hol­te Hei­mat­film­ro­man­tik, son­dern unter­streicht die emo­tio­nal auf­ge­la­de­ne The­ma­tik mit der tra­gi­schen Fami­li­en­ge­schich­te der Wyss. Eine wei­te­re Staf­fel wur­de übri­gens von März bis Juli die­ses Jah­res in Zürich und Umge­bung gedreht. Eine Emp­feh­lung.

Trailer

Fotos: SRF / Net­flix

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