E‑Autos gehören inzwischen längst zum Straßenbild. Nicht nur die Autobranche sucht derzeit nach Alternativen zu Benzin und Diesel, auch die Landtechnik. Pflügt bald der E‑Traktor am Acker? Und wie sieht es aus mit Methan- oder Wasserstoffantrieb?
Diesen Fragen ist auch das agrarische Nachrichtenportal Proplanta nachgegangen. Laut Erhebungen des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) gehen in Deutschland fünf Prozent des jährlichen Dieselverbrauchs aufs Konto der Land- und Forstwirtschaft. In der Energiekrise seien die Kosten der Betriebe gestiegen. Zudem habe die EU auch für die Landwirtschaft Klimaziele zur Senkung des Emissionsausstoßes formuliert. Der E‑Mobilität auf Bauernhöfen sind indes nach wie vor Grenzen gesetzt. Für kürzere Einsatzzeiten und geringen Leistungsbedarf eignen sich mit Elektromotoren emissionsfrei betriebene Kleintrakoren, Hoflader oder Futtermischwagen sehr gut – bestenfalls gespeist durch den Photovoltaik-Strom vom eigenen Dach, wird Edgar Remmele, Experte für Erneuerbare Kraftstoffe und Materialien am Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing, Bayern, von der Deutschen Presseagentur zitiert.
Auch mit Batterien betriebene Traktoren stünden kurz vor dem Eintritt in die Praxis, jedoch nur im unteren Leistungssegment, weiß auch der Wissenschaftler Roland Bauer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Auch in diesem Falle aber gilt das nur für begrenzte Einsätze etwa im Grünland oder im Wein- oder Obstbau. Der Traktorenbauer Fendt etwa will mit seinem E‑Modell Fendt e100 Vario Ende 2024 in Serie gehen. Und vor wenigen Monaten präsentierte New Holland in den USA einen elektrisch angetriebenen Traktor mit autonomen Funktionen, der noch heuer in Serie gefertigt werden soll. Und auch seitens John Deere wird erklärt, man werde bald Landmaschinen in niedrigeren Leistungsklassen mit batterieelektrischen Lösungen anbieten. Die fortschreitende Digitalisierung auch in der Landwirtschaft helfe dabei. Elektrische Antriebe könnten ungleich präziser gesteuert werden als gängige mechanische und hydrostatische Antriebe.
Das Problem, mit dem alle Hersteller vor der gleichen Herausforderung stehen: Bei größeren Traktoren oder auch selbstfahrenden Erntemaschinen wäre vor allem die Akku-Technik für einen Elektro-Antrieb viel zu schwer und voluminös. Der Dieselmotor bei größeren Traktoren bleibe speziell im Ackerbau auch in Zukunft unverzichtbar, ist Tobias Ehrhard, Landtechnik-Geschäftsführer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), überzeugt. Ein praktikabler Leistungskorridor für elektrische Traktoren reiche bis maximal 150 PS. Alles, was darüber hinausgehe, erfordere Batteriekapazitäten, die bisher „allein hinsichtlich des Gewichts konstruktiv kaum darstellbar sind“.
Was aber sind die Alternativen? Methan, sagt Remmele, vor allem, wenn Bauern eine eigene Biogasanlage mit Methanaufbereitung haben. Allerdings hat Methan nur ein Fünftel der Energiedichte von Dieselkraftstoff. Auch Pflanzenöle oder Biodiesel werden derzeit dem Diesel beigemischt, können aber auch als Reinkraftstoff verwendet werden. Bestenfalls werden die dazu benötigten Ölfrüchte wie Raps vom Landwirt selbst angebaut. Technisch sei ein Umstieg auf alternative Antriebe nicht schwer, so Remmele.
Die große Hürde sei aber seit Jahren der Dieselpreis: Auch durch die teilweise Rückerstattung der Energiesteuer für konventionellen Diesel, besser bekannt als „Agrardiesel“, hätten es biogene Kraftstoffe schwer, konkurrenzfähig zu sein. Angesichts dessen werde kaum jemand in Maschinen mit alternativen Antrieben investieren, fürchtet Remmele. Doch es müsse jetzt gehandelt werden, Landmaschinen hätten eine lange Lebensdauer. Wer jetzt ein Fahrzeug kaufe, nutze dies oft für die nächsten 15 Jahre.
Und was ist mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E‑Fuels? Für Tobias Ehrhard vom VDMA steht fest, „dass wir für Ackerschlepper und große Erntemaschinen mittelfristig kompatible E‑Fuels benötigen“, um das hohe Leistungsniveau etwa von Mähdreschern zu bedienen. Bei Europas größtem Mähdrescherhersteller Claas heißt es dazu, man forsche und entwickle „grundsätzlich technologieoffen“ und arbeite an verschiedenen Konzepten für alternative Antriebe für serienreife Technik. Auch der Wasserstoff-Antrieb zirkuliert in der Branche. Mit dem gleichen Problem wie Batterieantrieb und Methan. Auch dafür brauche es riesige Tanks am Traktor, um den Wasserstoff für lange Arbeitstage am Feld zu speichern.
Fotos: lassedesignen — stock.adobe.com, Fendt, New Holland