Supernasen auf vier Pfoten könnten künftig bei der Suche nach vom Borkenkäfer befallenem Holz eine wichtige Rolle spielen. Damit werden Hunde zum besten Freund des Waldes.
Insekten sind als wechselwarme Tiere in ihren Lebensfunktionen von der Umgebungstemperatur abhängig. Wie im „Leitfaden zur Abwehr von Borkenkäfern – Schwerpunkt Fichtenborkenkäfer“ des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) nachzulesen ist, bedeutet das, dass innerhalb bestimmter Grenzen die Entwicklungsgeschwindigkeit der Bruten mit steigender Temperatur ebenfalls steigt. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass Bäume unter Trockenstress geraten und so ihre Abwehrfähigkeit abnimmt. „In heißen und trockenen Jahren müssen wir im schlimmsten Fall mit vier Generationen von Borkenkäfernachkommen rechnen. Ein einziges Käferweibchen kann so bis zu 100.000 Nachkommen haben. Spätestens im Herbst kann auch ein gesunder Baum den Angriff Hunderter Käfer nicht mehr abwehren“, beschreibt Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich, die durchaus dramatische Entwicklung.
Der Klimawandel wird also mit großer Wahrscheinlichkeit die Entwicklung von Borkenkäfern in den nächsten Jahren weiter begünstigen. Gerade die Fichte, der Brotbaum der heimischen Forstwirtschaft mit seinem flachen Wurzelsystem, wird darunter leiden. 2022 gingen in Österreich 3,75 Mio. Kubikmeter Schadholz auf das Konto des Borkenkäfers.
Um den Schädling zu bekämpfen, steht neben längerfristigen waldbaulichen Maßnahmen kurzfristig die Entfernung von befallenem und fängischem Holz ganz oben auf der Prioritätenliste. Und das rechtzeitig, bevor sich hoher Infektionsdruck aufbaut, dem auch vitale Bäume zum Opfer fallen. Dazu müssen die Käferbäume frühzeitig ausfindig gemacht werden.
Vom Bock- bis zum Borkenkäfer
Beim Auffinden der Käfer könnten auch Hunde helfen. Das BFW gehört hier zu den innovativen Vorreitern. Seit 2009 werden dort Spürhunde ausgebildet, die Kot, Bohrspäne, Eiablagen, befallene Wirtspflanzen, adulte Tiere oder lebende Larven des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis) und seines Verwandten, des Citrusbockkäfers (A. chinensis), erschnüffeln können. Diese Schädlinge befallen Laubbäume und können zu deren Absterben führen. Zahlreiche Funde bei Importkontrollen von Verpackungsholz und europaweit aufflammende Befallsherde zeigen die Notwendigkeit von solchen Bekämpfungsmaßnahmen.
„Der Hund ist seit Beginn der Geschichte der beste Freund des Menschen. Nun wird er auch zum besten Freund des Waldes.“ Forstminister Norbert Totschnig
Bis Ende 2022 wurden laut BFW 131 Hunde und 101 Hundeführer aus Österreich, Deutschland, der Schweiz sowie aus Belgien und den Niederlanden ausgebildet. Zusätzlich werden seit 2017 Spürhunde auch auf die Detektion des Asiatischen Eschenprachtkäfers (Agrilus planipennis), der bereits vor den Toren der EU stehe, ausgebildet. In einem Pilotprojekt werden die vierbeinigen Supernasen auch auf den Borkenkäfer trainiert. Vorerst wurden sechs Hunde ausgebildet, begleitend dazu wird ein Zertifikatslehrgang zur Ausbildung von Borkenkäfer-Spürhundeteams entwickelt. „Der Hund ist seit Beginn der Geschichte der beste Freund des Menschen. Nun wird er auch zum besten Freund des Waldes“, sagte Forstminister Norbert Totschnig bei einem Besuch im BFW.
Ausbildung für Mensch und Hund
Schon weit fortgeschritten in Sachen Hundeeinsatz gegen den Borkenkäfer ist „BoDogs“. Die Arbeitsgemeinschaft bietet Zertifizierungen für verschiedene Ausbildungsstufen an. Für die höchste muss das Spürhundeteam auf 60 Hektar die befallenen Bäume binnen acht Stunden mit geringen Fehlerraten finden. Derzeit werden die Ausbildungen bei Fichte für den Buchdrucker (Ips typographus) angeboten.
Beim Kupferstecher (Pityogenes chalcographus), dem ebenfalls gefürchteten Schädling am Brotbaum der Waldbauern, soll sich gezeigt haben, dass die Hunde auch Exemplare anzeigen würden, für welche die Schädlinge noch keine Gefahr darstellen. Gegenüber der traditionellen optischen Suche durch das Forstpersonal hat die olfaktorische Hilfe der Vierbeiner einige Vorteile. Die Hunde können sowohl ausgesendete Pheromone, also Duftstoffe der Käfer, identifizieren als auch verschiedene Borkenkäferarten riechen und anzeigen. „Die Suche kann mit ihnen großflächig gemacht werden, es muss nicht jeder Baum einzeln kontrolliert werden. Ebenso kann diese erfolgen, wenn noch kein Bohrmehl sichtbar ist oder es verweht wurde. Sie ist auch außerhalb der Vegetationsperiode, wenn Käfer und Larven im Baum überwintern, möglich“, weiß Leopold Slotta-Bachmayr von „BoDogs“. Da die Hunde Bäume sehr frühzeitig finden könnten, wäre es möglich, die entsprechenden Stämme rechtzeitig zu ernten, in einem Stadium, in dem die Holzkapazität noch nicht gemindert sei und die nötigen Kapazitäten zum Fällen und für den Abtransport noch vorhanden seien.
Kein Allheilmittel
Durch den Einsatz wildfester Hunde sowie in Absprache mit den Nutzungsberechtigten und unter Einhaltung der jeweils gültigen Vorschriften etwa im Jagdgesetz werden Konflikte vermieden und rechtskonformes Verhalten sichergestellt. Freilich: Wunder darf man sich mit der Unterstützung durch den besten Freund des Menschen auch nicht erwarten. Längerfristig muss der Wald klimafit gemacht werden, nicht zuletzt mit einem größeren Anteil von trockenheitstoleranten Baumarten.
„Klar ist, dass die Hunde kein Allheilmittel sind, sie sind nur ein Baustein im Kampf gegen den Borkenkäfer. Sie können keine Veränderung der Waldstruktur, keine Veränderung der Baumartenzusammensetzung und Ähnliches ersetzen. Sie können nur mithelfen, dass man dem Borkenkäfer schneller als bisher Herr wird“, ist sich auch Slotta-Bachmayr bewusst.
Waldbilanz 2022: Als Folge des Klimawandels hat sich der Borkenkäfer in Österreich bereits bis zur Waldgrenze auf rund 2.000 Meter Seehöhe ausgebreitet. Die ÖBf verzeichneten im vergangenen Jahr rund 940.000 Erntefestmeter Schadholz, das entspricht rund 50 Prozent der gesamten Holzerntemenge. Grund dafür war vor allem ein Anstieg des Borkenkäferholzes, der regional in Forstrevieren in der Obersteiermark und im südlichen Niederösterreich sowie in Oberkärnten zu massiven Schäden führte. Von den rund 670.000 Festmetern Käferholz fielen rund 40 Prozent auf nur etwa 10 Prozent der gesamten ÖBf-Waldfläche an.
Foto: everydoghasastory — stock.adobe.com