Ein Gespräch mit Gunnar Hauser, Business-Director von Case IH und Steyr. Der gebürtige St. Valentiner Gunnar Hauser (38) ist seit mehr als 16 Jahren im CNH-Konzern tätig. Als Business-Director leitet er seit Oktober 2019 die Geschäfte der beiden Marken Case IH und Steyr in Österreich, der Schweiz und Slowenien.
ProHektar: 1947 ist der erste Steyr-Traktor vom Band gelaufen. Welche Bedeutung hat die traditionelle Marke 75 Jahre später? Hauser: Die Marke Steyr hat nach wie vor eine sehr große Bedeutung. Das Unternehmen ist auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der Region, mit mehr als 600 Mitarbeitern, von denen die meisten auch einen landwirtschaftlichen Hintergrund haben. Auch für mich persönlich ist die Marke etwas ganz Besonderes. Ich bin in St. Valentin aufgewachsen und es ist eine Ehre und ein Privileg, dass ich für dieses österreichische Traditionsunternehmen arbeiten darf.
Wann war Ihr erster Berührungspunkt mit einem Steyr Traktor, an den Sie sich erinnern können? Mein Opa hatte eine kleine Landwirtschaft und da bin ich als Kleinkind mit drei Jahren erstmals auf einer Plus-Serie mitgefahren.
Mit einem Anteil von knapp 20 Prozent ist Steyr in Österreich klarer Marktführer. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück? In erster Linie auf unser breites Produktportfolio. Wir können unsere Kunden von 55 bis 330 PS bedienen. Ein Steyr-Traktor ist immer noch perfekt auf die österreichischen Bäuerinnen und Bauern zugeschnitten. Ganz wichtig sind für uns natürlich auch Kommunal- und Forsttraktoren, mit denen wir die Gemeinden und Forstwirte ideal bedienen können. Und natürlich auch unsere Händler, die zu jeder Zeit ein professioneller Partner für unsere Kunden sind.
Spielt bei der Kundentreue für die heimischen Bäuerinnen und Bauern auch der Patriotismus eine Rolle – immerhin fahren die Traktoren seit mittlerweile 55 Jahren im rot-weiß-roten Design vor? Auf jeden Fall, denn es ist uns gelungen in den Köpfen der Österreicher zu verankern, dass wir ein heimischer Hersteller sind. Zudem spielt seit der Corona-Krise die Regionalität in allen Bereichen eine noch größere Rolle.
Trotz der herausfordernden Situation durch stockende Logistikketten konnten vergangenes Jahr erstmals seit 2017 wieder mehr als 1000 Traktoren verkauft werden. Wie sieht heuer die Nachfrage am Heimmarkt aus? Die beiden letzten Geschäftsjahre waren geprägt von Covid. Hier wurde der Markt insbesondere durch die aws-Förderung stark gepusht und in die Höhe getrieben. Dass es heuer zurückgehen wird, war für uns daher klar. Bei den Standardtraktoren beträgt der Rückgang 25 Prozent. Damit war zu rechnen und deshalb sind wir mit dem Auftragseingang und dem Verkauf trotzdem sehr zufrieden. Die Auftragsbücher sind voll und die Werke ausgelastet.
In der Landtechnikbranche haben Zulieferer die Preise erhöht und zudem sind die Produktionskosten gestiegen – wurden die Preise für Traktorenangehoben? Ja, da die Rohstoffpreise sehr stark gestiegen sind. Genauso verhält es sich auch mit den Preisen für die Energie und Logistik. Das führt natürlich zwangsläufig zu Preiserhöhungen wie in allen anderen Branchen auch. Man kann sich dem leider nicht entziehen.
Sie sind seit mittlerweile drei Jahren als Business-Director für Case IH & Steyr tätig – was hat sich seither verändert? Auf Grund der Pandemie hat sich das Geschäftsleben komplett geändert. Damit haben wir lernen müssen umzugehen. Der Start war für mich daher herausfordernd, aber meine Mitarbeiter haben die Situation durch hohe Flexibilität sehr gut gemeistert. Alle sind hochmotiviert, ziehen an einem Strang und das spürt man auch nach außen hin. Das hilft uns natürlich die Werte, die wir mit Steyr vermitteln wollen, an die Kunden weiterzugeben.
Wie zufrieden sind Sie mit dem bestehenden Händlernetz? In Österreich haben wir das stärkste Händlernetz, mit dem wir auch sehr zufrieden sind. Trotzdem gibt es noch Regionen wo wir noch nicht so gut aufgestellt sind. Bestehende weiße Flecken wollen wir künftig erschließen, um flächendeckend mit unseren Marken vertreten zu sein. Die Händler sind sehr loyal und gehen mit uns den Weg der Professionalisierung. Ziel ist es gemeinsam das Beste für den Kunden herauszuholen.
In Summe besteht eine Zugmaschine mittlerweile aus mehr als 15.000 Komponenten. Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Themen Ersatzteilverfügbarkeit und Service? Ersatzteilverfügbarkeit ist ein ganz wesentlicher Punkt und mit unseren professionellen Händlern bieten wir mittlerweile auch ein Remote-Service an. Der Händler sieht, wenn beim Landwirt ein Fehler aufpoppt und kann mittels Fernwartung sofort darauf reagieren und auf die Maschine zugreifen.
Das Steyr-Hybrid-Konzept wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Das Konzept soll zwar nicht in Serie gehen, aber wann werden Komponenten davon in Standardtraktoren aufgenommen? Generell gibt es noch viele Fragezeichen wo die Branche in diesem Bereich hingeht. Wir forschen an verschiedenen Szenarien für die Zukunft, wissen aber noch nicht welche Antriebsform sich am Ende des Tages durchsetzen wird. Beim Auto ist man da schon einige Schritte weiter. Traktoren haben jedoch einen ganz anderen Anforderungsbedarf. Fakt ist, dass wir bereits jetzt bei allen unseren Stufe V Motoren die Freigabe für den synthetischen Diesel HVO100 haben, bei dem wir eine Co2-Reduktion von circa 95 Prozent erreichen. Beim jetzigen Hybridkonzept wird durch Teilelektrifizierung des stufenlosen CVT-Getriebes Flexibilität und Komfort mit der Effizienz vom mechanischen Schaltgetriebe vereint. Das wird immer mehr kommen, aber sicher noch etwas dauern.
Wie weit ist man beim Thema autonome Zugmaschine? Die Studie von Case IH mit dem kabinenlosen Magnum wäre prinzipiell voll funktionsfähig, aber hier gibt es noch viele rechtliche Fragen zu klären.
Steyr soll zur Premium-Marke im CNH-Konzern gepusht werden. Wie weit ist man mit der Umsetzung dieses strategischen Plans? Wir wollen uns bei Steyr auf den Bedien- und Fahrkomfort konzentrieren. Das ist aber ein jahrelanger Prozess, der stetig vorangetrieben wird. Beim Terrus CVT konnten wir letztes Jahr bereits die ersten Ergebnisse präsentieren und jede Menge Differenzierung herzeigen, die unserem Premium-Anspruch gerecht werden.
Case IH und Steyr ist heuer als Sponsor beim Aprilia-Racing-Team eingestiegen. Was haben die beiden Konzerne Biaggi & CNH gemeinsam bzw. welche Parallelen gibt es zwischen Rennmaschinen im Motorsport und Traktoren in der Landwirtschaft? Sowohl Traktoren als auch Motorräder haben ein extrem hohes Leistungspotential inklusive Telemetrie und Datenanalyse. Überall steht ein Team dahinter, dass hart daran arbeitet die Leistung maximal auszunutzen, sowohl am Feld als auch auf der Rennstrecke.
Das Motto von Steyr lautet: „Worauf du dich verlassen kannst!“ – Worauf können sich die Kunden auch in den kommenden 75 Jahren verlassen? Steyr ist prinzipiell schon immer für Innovation gestanden. 1947 als die ersten Traktoren produziert worden sind, war die landläufige Meinung, dass sich diese Technik nicht durchsetzen wird. Seither entwickeln wir als österreichisches Traditionsunternehmen Traktoren mit Premium-Qualität. Das wird auch in Zukunft der Fall sein.
Foto: Steyr